Es wird Zeit, das Bundesamt für Verfassungsschutz aufzulösen. Seine Aufgabe als Bollwerk gegen die drohende Infiltration feindlicher Agenten aus der Sowjetunion oder der DDR besteht nicht mehr. Anti-Spionage und Anti-Terror Einsätze sowie Bekämpfung der Korruption und Verfolgung von Sachbeschädigungen sind Aufgabe von Polizei / BKA. Auflösungserscheinungen sind beim Verfassungschutz aber nicht erkennbar. Wie in jedem Jahr wird auch 2017 das Budget des Inlangeheimdienstes erhöht, diesmal um 45 Mio. Euro. Damit hat sich der Etat des Geheimdienstes im Vergleich zu 2000 verdreifacht!

V-Leute sind keine Lösung, sondern das Problem

Geheimdienste ... sind nach wie vor die große Unbekannte in der Entstehung und Entwicklung des Terrorismus, des bundesdeutschen ebenso wie des mit ihm verflochtenen internationalen Terrorismus. (Wolfgang Kraushaar)
Das ist seit mehreren Jahren bekannt. Konsequenzen? Nur die Landesregierung in Thüringen unter Führung von B. Ramelow (Linke) geht den Weg und schafft die V-Leute des BfV ab, weil das V-Leute-System nicht die Sicherheit erhöht, sondern die Demokratie gefährdet.

Der Bundesinnenminister möchte die Strafheit für staatlichen Spitzel erweitern, damit sie stärker an szenetypischen Aktionen teilnehmen können (z.B Brandanschläge auf Unterkünfte für Asylbewerber u.ä.)

Strategie der Spannung

Viele Terrorgruppen in Deutschland wurden von V-Leuten des Verfassungsschutzes aufgebaut. Strafrechtliche Konsequenzen haben diese Terroristen nicht zu befürchten. Wir sollten aber die sich daraus ergebende Beeinflussung der Gesetzgebung fürchten: Ohne die zweifelhafte Rolle der V-Leute in den letzten Jahren würden wir ruhiger leben und viele Sicherheits- und Überwachungsgesetze wären nicht durchsetzbar gewesen.

Schutz gegen Wirtschaftsspionage???  

Der Verfassungsschutz warnt gelegentlich vor Wirtschaftsspionage aus Russland und China. Das ist wenig originell, dafür brauchen wir keinen Geheimdienst. Gegenüber unseren westlichen Verbündeten, insbesondere gegenüber der US-amerikanischen Wirtschafts­spionage gegen deutsche Unternehmen, stellt man sich blind.

Verfassungschutzpräsident Maaßen ließ sich im Rahmen des NSA-Skandal zu folgendem Statement hinreißen:
Tatsächlich wurde bis zum heutigen Tage in ganz Europa kein einziger Fall amerikanischer oder britischer Wirtschaftsspionage nachgewiesen.
Ein anonymer Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sagte dagegen bereits 1998 in der Sendung PlusMinus des WDR:
Mir sind über 50 solcher Fälle von Wirtschaftsspionage bekannt. Wenn wir auf solche Aktivitäten stoßen, werden wir von unseren Vorgesetzten zurückgepfiffen. Wir dürfen unsere Erkenntnisse meist weder an den Staatsanwalt noch an die betroffenen Firmen weitergeben. Aus Rücksicht auf unsere Verbündeten.
Den spektakulären Fall Enercon findet man leicht, wenn man bei der Such­maschine der Wahl die Begriffe " NSA Wirtschaftsspionage Deutschland" eingibt, für Hr. Maaßen ist das wohl zuviel verlangt.

Auch dem BND waren die Ambitionen der NSA zur Wirtschaftsspionage seit Jahren bekannt, wie der Ex-General D. Urmann vor dem Untersuchungsschuss des Bundestages erklärte. Der Verfassungschutzpräsident wurde nicht darüber informiert? Schwer vorstellbar, aber auch in den jährlichen Verfassungsschutz­berichten wird die Spionage der NSA nie erwähnt.
 
Verfassungsschutzbericht 2017: 30 Seiten über russische Hackeraktivitäten, außerdem werden chinesische Hacker und iranische Hacker wie üblich auführlich behandelt und neuerdings sind auch türkische Hacker gegen Deutschland aktiv. Aber von US-amerikanischen Hackeraktivitäten gegen deutsche Unternehmen zur Wirtschaftsspionage steht wieder nichts in dem Bericht.

NSU-Skandal

Der NSU-Skandal gilt als der größte Geheimdienstskandal der BRD. 10 Jahre zog ein rechts­radikales Trio mordend durch Deutschland. Der Verfassungsschutz erhielt viele Hinweise von V-Leuten, die nicht an die Polizei weitergegeben wurden. Nach Schätzungen waren bis zu 25 V-Leute des BfV in der Umgebung des NSU tätig. Die genaue Zahl ist nicht rekonstruierbar. Die meisten Akten über den NSU und über Tarnfirmen des BfV im rechtsradikalen Milieu wurden vernichtet, als das BKA die Ermittlungen übernahm.

Sieben Zeugen sind überraschend verstorben, bevor man ihre Aussagen aufnehmen konnte. Welche Konsquenzen haben sich drei Jahre nach der Aufdeckung des Skandals ergeben?

Aktive Rolle bei neuen Überwachungsgesetzen

Bei vielen Überwachungsgesetzen ist der Verfassungsschutz eine treibende Kraft. Geheim­dienste sind zweifellos die Hauptnutznießer der vollständigen Protokollierung unseres Kommunikationsverhaltens.
  1. Die Fernmelde­verkehr-Überwachungs­verordnung (FÜV) wurde 1995 auf Initiative des Verfassungschutzes beschlossen. Die Verordnung wurde 2002 durch die TKÜV ersetzt und verpflichtete alle Telekommunikationsanbieter mit mehr als 10.000 Kunden zur Installation von Überwachungstechnik, die ein automatisches Ausleiten des Daten­verkehrs an Strafverfolger und Geheimdienste ermöglicht (Sina-Box).
  2. Die Vorratsdatenspeicherung brachte 2009 so gut wie keine Verbesserungen bei der Aufklärung von Straftaten im Internet. Trotzdem forciert der Verfassungsschutz im Hintergrund weiterhin die Einführung der VDS (neudeutsch: Mindestspeicherfrist). Nachdem die VDS schon 2002 als nicht vereinbar mit der Verfassung vom Bundestag abgelehnt wurde und auf EU-Ebene offenbar nicht durchsetzbar ist, beteiligte sich der Verfassungschutz 2012 aktiv an der Formulierung einer internationalen Richtline zur Vorratsdatenspeicherung im Rahmen der UNODC, die allerdings ebenfalls nicht verbindlich umgesetzt wurde.

Zukünftige Schwerpunkte des BfV

Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll in den kommenden Jahren zu einer kleinen Mini-NSA werden. Die Kompetenzen und Fähigkeiten zur Überwachung im Internet soll massiv ausgebaut werden. Die neu zu schaffende Abteilung "Erweiterte Fachunterstützung Internet" (EFI, 75 neue Mitarbeiter) soll Soziale Netzwerke, Foren u.ä. automatisiert überwachen und dabei überwiegend unterhalb der Schwelle des G10-Gesetzes agieren, also ohne parlamentariche Kontrolle durch die G10-Kommision. Außerdem sollen neue Analyse­methoden geschaffen werden, um anhand von Metadaten bessere Bewegungs- und Kommunikationsprofile zu erstellen.

Der Abgeordnete C. Ströbele bezeichnte die Aufgabenstellung für diese Abteilung als illegal und unzulässig.

Überwachung politischer Aktivisten

Mehr und mehr entwickelt sich der Verfassungsschutz zu einem Geheimdienst zur Überwachung von politischen Aktivisten und unliebsamen Abgeordneten:
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